Der Psychologe und Nobelpreisträger Prof. Daniel Kahnemann rät dazu, unserem persönlichen Urteil über Menschen nicht zu trauen. In seinem Buch “Thinking, Fast and Slow“, teilt Kahneman uns seine Erfahrungen in der israelischen Armee mit. Die Vorgehensweise der Armee bei Interviews, war „nahezu nutzlos, um damit den zukünftigen Erfolg von Rekruten vorherzusagen“.
Die neuen Rekruten wurden – in der Regel - von 20-jährigen unerfahrenen Soldaten interviewt. Das Ergebnis solcher Interviews entschied damals über die weitere Einteilung der jeweiligen Rekruten. Diese Zuordnung wiederum bestimmte das Schicksal der Rekruten für die nächsten drei Dienstjahre.
Nach gründlicher Untersuchung des bestehenden Evaluierungsprozesses, konnte Kahneman jedoch keine Korrelation zwischen dem Interview und der tatsächlichen Leistung erkennen. Dies war umso überraschender als die Interviewer selbst, 100%ig davon überzeugt waren, die zukünftige Leistung der Rekruten vorhersagen zu können. Als Offizier der für den Evaluierungsprozess verantwortlich war, musste Kahneman den Evaluierungsprozess der IDF (Israeli Defense Forces) neu strukturieren.
In dem neuen Evaluierungsprozess, nutzte er die Erkenntnisse des Psychologen Paul Meehl. Meehl konnte nachweisen, dass ein einfaches mathematisches Modell intuitiven Bewertungen weit überlegen war. Er arbeitete einzelne Persönlichkeitsmerkmale deutlich heraus und addierte dann alle Einzelwerte. Er kam zum Entschluss, dass dies zu deutlich besseren Ergebnissen führte als reine Intuition. Es würde den Interviewer auch dabei unterstützen, wiederholbare und replizierbare Prozesse und Ergebnisse zu erstellen. Darüber hinaus würde der Interviewer deutlich weniger von seinen persönlichen Stimmungen beeinflusst.
Nach der Einführung des Meehl-Ansatzes in den IDF-Anforderungsprozess, konnte Kahneman eine positive Korrelation zwischen der Bewertung und der tatsächlichen Leistung der zukünftigen Leistungsträger feststellen. Da der alte, intuitive Prozess keine statistisch signifikanten Ergebnisse erzielen konnte, wurde der neue Prozess von der IDF übernommen.